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The
Edge
Auf Messers Schneide - Rivalen am AbgrundUSA
1998
Regie: Lee Tamahori / Produzent: Art Linson / Drehbuch: David Mamet / Musik: Jerry
Goldsmith
Mit: Anthony Hopkins (Charles Morse), Alec Baldwin (Robert Green), Elle Macpherson (Mickey
Morse) u.a.
Wissen Sie, wie man aus Eis Feuer macht?
Charles Morse (Anthony Hopkins) weiß es, und er weiß noch eine ganze Menge mehr. Morse
ist ein erfolgsverwöhnter, aber einsamer Milliardär mit dem Hang, alles was es um ihn
herum an Wissenswertem gibt, in sich aufzusaugen. Was er tut hat Sinn und Verstand, zeugt
von überdurchschnittlicher Intelligenz und hoher Menschenkenntnis. Charles Morse hat auch
eine junge, sexy Ehefrau namens Mickey (Elle MacPherson), die weniger mit Intelligenz
gesegnet ist als vielmehr mit der Oberflächlichkeit der Modelbranche.
Gemeinsam mit einem Fototeam ist das Ehepaar in die Wildnis Alaskas gereist, um dort vor
grandioser Kulisse ein Shooting zu inszenieren. Charles will den Trip als Urlaub und zur
Erweiterung seines Horizontes nutzen, während Mickey Mittelpunkt der Aufnahmen ist. Und
sobald der ehrgeizige und lebenshungrige Starfotograf Robert (Bob) Green (Alec Baldwin)
die Linse auf Mickey richtet, wird klar, dass er sein Model wahrscheinlich nicht nur mit
der Kamera vernascht. Auch Charles entgehen diese Blicke nicht und hatte er schon zuvor
eine Affäre vermutet, hier scheint er nun die Beweise dafür zu erhalten. Ob es
tatsächlich eine Affäre gibt, bleibt lange Zeit unklar, denn aus der Ungewissheit und
dem schwelenden Konflikt zwischen Charles und Bob um die Liebe einer schönen Frau, zieht
der Film einen großen Teil seiner außerordentlichen Spannung.
Als einige Mitglieder der Truppe, darunter Charles und Bob, mit einer kleinen
Propellermaschine unterwegs zu einem besonderen Fotomotiv sind, bahnt sich eine
Konfrontation zwischen den beiden Männern an. Aber bevor es dazu kommt, gerät die
Maschine in einen Schwarm Wildgänse und stürzt fernab jeder Zivilisation ab.
Drei der Insassen überleben den Absturz, Charles, Bob und dessen Assistent Stephen
(Harold Perrineau). Da der Pilot eine unvorhergesehene Route flog, können die Männer
nicht mit schneller Hilfe rechnen. Was Charles beim Absturz noch retten konnte, sind ein
paar Leuchtraketen, ein Päckchen Streichhölzer und sein Abenteuerbuch "Verschollen
in der Wildnis". Und freilich behält er auch in dieser ausweglosen Situation die
Kontrolle über die Dinge, deshalb entschließt man sich unter der Führung von Charles
den Weg zurück zu Fuß anzutreten. Mit einem selbstgebastelten Kompass wollen die Männer
zum Ausgangspunkt ihres Ausfluges zurückkehren. Abgesehen davon, dass der nicht
entmagnetisierte Kompass die Männer im Kreis laufen lässt, wird ihre Lage zusätzlich
durch einen aggressiven Kodiak-bär erschwert, der ihre Fährte aufnimmt und leichte Beute
wittert.
In dieser extremen Situation werden nun die unterschiedlichen Charaktere der Männer immer
deutlicher: Charles, der bedachte Tüftler, der seine Nerven behält und es beinahe
genießt, seinen angelesenen Erfahrungsschatz nun in der "Praxis" anwenden zu
können.
Stephen, der schnell in Panik gerät und sich überhaupt nicht mit der Situation
arrangieren kann. Und schließlich Bob, der sich raubkatzenhaft aus jeder
Konfliktsituation windet. Er ist zwar fähig mit den Gefahren der Wildnis umzugehen, legt
dabei aber selten die Arroganz des Starfotografen ab. Er ist es, der sich dem Rivalen
plötzlich unterlegen fühlt und verzweifelt darum kämpft, sich selbst und die Situation
in den Griff zu bekommen.
Das schwächste Glied in der Kette verliert bekanntlich und darum ist es auch Stephen, der
dem Kodiakbären als erstes zum Opfer fällt.
Von nun an sind Charles und Bob auf sich alleine gestellt. Hunger und Kälte zehren sie
aus. Panik, existenzielle Ängste und tiefe Verzweiflung zermürben sie. Und obwohl immer
wieder Charles´ Misstrauen gegenüber Bob zu spüren ist, hält er sich diszipliniert
zurück, weil er weiß, dass sie nur gemeinsam in der unbarmherzigen Wildnis überleben
können.
Die Notgemeinschaft mit dem Fotografen wird für ihn zu einem Hoffnungsschimmer.
Und so gelingt es den Männern sogar dank des Motivationstrainings von Charles "Was
ein Mann tun kann, kann auch ein anderer", ihren größten Feind, den Bären, in
einem Kampf zu erlegen. Dieser Kampf mit einer selbstgeschnitzten Lanze ist sicher der
Höhepunkt der durchweg guten Actionszenen. Doch wer nun gedacht hat, die Männer könnten
sich fortan in Ruhe auf den Heimweg machen, erlebt eine erneute Wandlung in der
Geschichte. Bob, der sich in der Wildnis die ganze Zeit dem Rivalen unterlegen gefühlt
hat, sieht nun, da fast in Sicherheit, eine Chance den Widersacher loszuwerden. Jetzt geht
die Handlung wieder zum Ausgangspunkt zurück, nämlich den Kampf um die selbe Frau.
Doch Greens Plan Charles um die Ecke zu bringen schlägt fehl und so ist es am Ende er,
der dem Tod ins Auge sieht. Und obwohl Charles inzwischen definitiv weiß, dass ihn seine
Frau mit Bob betrogen hat, zeigt er erneut wahre Größe und rettet den Konkurrenten, wenn
der es auch letztendlich nicht lange überlebt. Aber mal ehrlich, wer unserem Anthony nach
dem Leben trachtet, hat es auch nicht anders verdient.
Der neuseeländische Regisseur Lee Tamahori liefert mit The
Edge einen mitreißenden Abenteuerfilm, der fast an die Klasse von Jack London
erinnert. Gleichzeitig öffnet der Film den Blick in die Psyche zweier ungleicher Männer.
Ebenso prägnant setzt Tamahori seine Darsteller ein. Elle MacPherson wurde bekannt als
Supermodel und mehr als ein symbolhafter Auslöser für den Konflikt zwischen den beiden
Männern soll sie auch nicht sein. Nachdem mir dies klar wurde, konnte ich mich auch mit
ihren mäßigen schauspielerischen Qualitäten arrangieren.
Im Vergleich zu anderen Produktionen, in denen Anthony Hopkins Ende der 90er Jahre
mitgewirkt hat, gibt er meiner Meinung nach als Charles Morse seine überzeugendste
Darstellung. Noch nie hat man ihn in einer derart physischen Rolle gesehen. Und wie er
selbst bestätigt, war er in noch keinem Film so nah an sich selbst. Wenn man weiß,
welchen extremen Bedingungen er beim Dreh ausgesetzt war, kann man vor seiner Leistung mit
59 Jahren wirklich nur den Hut ziehen.
Am Anfang des Films erläutert Charles Morse warum in der indianischen Mythologie der Hase
keine Angst vor dem Panther hat: Weil der Hase schlauer ist.
Wenn Hopkins der Hase ist, dann ist Baldwin der Panther. Aber am Ende des Films wissen wir
alle, dass es beim Kampf ums Überleben wo auch immer weniger darum geht, ob
man mutig, stark, ängstlich oder hasserfüllt ist. Am wichtigsten ist es nicht alleine zu
sein.
© 2002 by Sylvia H.
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