The Edge
Auf Messers Schneide - Rivalen am Abgrund

USA 1998
Regie: Lee Tamahori / Produzent: Art Linson / Drehbuch: David Mamet / Musik: Jerry Goldsmith
Mit: Anthony Hopkins (Charles Morse), Alec Baldwin (Robert Green), Elle Macpherson (Mickey Morse) u.a.

Spannend und konstruiert

(Schon fast obligatorisches) Vorwort

Vor kurzem sah ich auf einem jüngst von einem größeren Medienunternehmen annektierten Fernsehsender den Abenteuerfilm Auf Messers Schneide - Rivalen am Abgrund (englischer Originaltitel:The Edge) mit Anthony Hopkins und Alec Baldwin. Da ich momentan in einer Hopkins-Manie befindlich bin, hatte ich mich schon Wochen vor der Ausstrahlung wie ein Schneekönig auf den Film gefreut. Ich erwartete ein - wie man es von den Filmen, in denen Hopkins mitwirkt, gewohnt ist - qualitativ hervorragendes Movie, dass zudem noch unterhaltsam ist. Leider wurden meine Erwartungen ein wenig enttäuscht, denn meines Erachtens mangelt es diesem Film ein wenig an Qualität. Indes kann Auf Messers Schneide mit genügend Spannungsmomenten und einer sich durch den Film ziehenden Unterhaltsamkeit aufwarten - so meine ich zumindest.

Worum geht es denn überhaupt?

Der ältere Milliardär Charles (Anthony Hopkins) begleitet seine junge schöne Frau (Elle Macpherson), ein Model, zwecks eines Shootings in die kanadischen Berge. Schnell bemerkt Charles, dass Fotograf Robert (Alec Baldwin), auch Bob genannt, eine Affäre mit seiner Frau hat. Nachdem die beiden Rivalen nach einem Flugzeugabsturz in der Wildnis aufeinander angewiesen sind, entwickelt sich eine freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Beiden. Sie müssen sich gegen einen übermächtigen Braunbären zur Wehr setzen, sich lebenswichtige Nahrung besorgen und sich generell irgendwie am Leben halten. Doch kurz bevor sie den rettenden Weg aus der wilden Flora beschreiten können, kommt es zum Eklat.

Meine Gedanken...

Also spannend und somit unterhaltsam ist dieser Film wirklich ohne Frage! Wen interessiert es nicht, den aufregenden Überlebenskampf von Flugzeugbrüchigen zu voyeurisieren? Es liegt nun einmal (leider) in der Natur des Menschen, gebannt anderen Menschen in Unglück zuzusehen und sich (vielleicht) daran zu ergötzen, wenn sich die Geschädigten in verzweifelten Situationen neue Kniffe ausdenken müssen. Ich bin in dieser Hinsicht gar nicht wirklich anders: Auch mich interessiert dieser Überlebenskampf ungemein. Doch bei aller Spannung, aller Aufregung und allem Herzklopfen: Leider bin ich mir - nach dreimaligem Anschauen - noch immer nicht ganz sicher, worin die Intention des Filmes liegt. Nun gut, vielleicht sollte man nicht zwingend in jedem Film eine tiefere Aussageabsicht suchen, aber bislang habe ich mit viel Phantasie und Interpretationsgeschick aus noch fast jedem Movie etwas herausgezogen. Hier bei Auf Messers Schneide hat man zweierlei Ansatzpunkte:
- Zum einen ist es möglich, dass der Film einen Lehrcharakter hinsichtlich des Agierens der Abgestürzten besitzt, sprich: Er will aufzeigen, wie man sich in einer derartigen Situation verhalten sollte (kühler Kopf, keine Scham, denken).
- Zum anderen kann es aber auch sein, dass uns hier eine lehrträchtige Typisierung vorgehalten werden soll: 1) Der Milliardär: gutmütig, clever, im Grunde viel zu lieb und edel für diese Welt, 2) Der Fotograf: hinterlistiger Kokser, anscheinend nur Weiber und Kohle im Kopf, 3) Das Model: schön, jung, knackig, ökonomisch denkend, den Ehemann hintergehend, aber immer eine nette Mine aufsetzend. - So! Und da sind wir nun bei jenem Punkt angelangt, der mir in diesem Film extrem gegen den Strich geht: Diese verflucht offensichtliche Einteilung der Figuren in bestimmte Kategorien. Da ist der schlaue Milliardär, der im Eis-Dschungel alle guten Ratschläge beisteuert, ein Mann, der normalerweise wahrscheinlich den Hintern von seinen Gefolgsleuten abgeputzt bekommt. Charles weiß alles, ist lieb zu jedem, bringt seinem ihn betrügenden Weibe Butterbrote ans Bett, versucht es zumindest, bis ihn sein Nebenbuhler als Bär verkleidet halb zu Tode erschreckt. Sogar als ihn dieser zum Ende der Geschichte erschießen will, dieser dann aber unglücklich ausrutscht, hilft er dem Bösen aus seiner Grube und versucht, ihn wieder aufzupäppeln. Welcher Mensch würde dies wirklich tun? Egal ob Milliardär oder nicht... Es gibt heutzutage nicht mehr viele Märtyrer oder Samariter - so schlimm das auch ist. Aber damit die Geschichte dann doch noch einen kleinen rührseligen Touch erhält, erfährt die Figur des Bob, dem miesen Fotografen, doch noch plötzlich eine wundersame Umkehr: Er bereut... Ach ja, wie schön. Ganz eigenartig wurde der Charakter der seitenspringenden Model-Ehefrau angesetzt. Sie selbst kann kein Wässerchen trüben, läßt keine Anzeichen von Gewissensbissen erkennen, ganz im Gegenteil, ist noch kokett und wirft ihrem grauen Ehemann nach dem Herumgeturtel mit dem Fotografen-Lover Luftküsse an den Kopf.
Aber keine Angst: Ich verdamme den Film nicht grundsätzlich. Denn alles, was irgendwo zwischen dieser dämlichen Figuren-Ansetzung geschieht, mag ganz gut zu gefallen. Wenngleich alles schrecklichst genau konstruiert wirkt. Fotograf Bob muß unbedingt durch die kalte Kanada-Kälte düsen, um einen Indianer zum Model zu machen. Dem jedoch noch nicht genug: Der Rothaut muß auch noch bis auf die Bärenjagd nachgerannt werden. Soweit darf es aber gar nicht kommen, wenn die Story nun langsam dort anfangen soll, wo der Titel die beiden Rivalen Charles und Bob vermuten läßt. Das Flugzeug stürzt ab, nachdem ein Schwarm von Gänsen in die Propeller der Maschine gerät. Na so etwas! Und mit diesen extrem gut aufeinander abgestimmten Szenen und Vorfällen geht es dann weiter...
Erschreckend ist bei all dem gemeinschaftlichen Treiben, welches die beiden Hauptfiguren Charles und Bob aufgrund der Umstände (zwangsläufig) begehen müssen, dass man den Haß, den Bob gegen den Milliardär hegt, zwar spüren kann. Doch ist dieser an keiner Stelle so stark, dass man wirklich meinen könnte, er habe Pläne, Charles umzubringen, ganz im Gegenteil, nach all den gemeinsamen Events kommt eine gewisse Sympathie zwischen den Beiden auf - zumindest empfand ich das so. Aber Pustekuchen: Kurz vor Ende des Filmes entert die Todsünde Habgier die Seele des Fotografen. Was letzten Endes daraus wird, muß sich jeder selbst anschauen.

Schauspieler

Auf Messers Schneide ist hochklassig besetzt - was ich aufgrund des eher unspektakulären Filmes gar nicht recht nachvollziehen kann! Hopkins und Baldwin brillieren in ihren Rollen. Sie reißen die abgekartete Handlung aus dem Feuer der Filmverdammnis und beglücken den Zuschauer durch ihr Spiel: Ihre Mimik, ihre Gestikulationen, ihre blauen Augen - schön.
Wenigstens dies ist ein sternheller Lichtblick am sonst eher seichten Edge-Horizont. Und wer mal gerne sehen möchte, wie Anthony Hopkins, während er eine Angelschnur herstellt, in Windeseile ein ganzer Vollbart sprießt, der sollte diesen Film unbedingt gesehen haben!

Fazit

Viel zu konstruiert, schrecklich stereotypische Personenkonstellation, aber trotz all dieser Problemchen aufgrund der spannenden Umsetzung und der superben Schauspieler noch sehenswert.

© 2001 by Nadine S.

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