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The
Good Father
Good Father - Die Liebe eines VatersGB
1986
Regie: Mike Newell / Produktion: Ann Scott / Drehbuch: Christopher Hampton nach dem
gleichnamigen Roman von Peter Prince
Mit: Anthony Hopkins (Bill Hooper), Jim Broadbent (Roger Miles), Harriet Walter (Emmy
Hooper), Frances Viner (Cheryl Langford), Simon Callow (Mark Varda) u.a.
Kritik aus anderer Sicht
Es ist witzig. Denn es scheint doch tatsächlich so, als
hätten Bob und ich mit diesem sogenannten "Männerfilm" (was immer das sein
mag) zwei völlig unterschiedliche Filme gesehen. Ob dies darauf zurückzuführen ist,
daß ich eine Frau bin, soll dahingestellt bleiben...
Vorab sei aber gleich gesagt, daß auch mir The Good Father außerordentlich gut
gefällt. Und das hauptsächlich aus dem Grund, weil Mike Newell nicht versucht hat, aus
seinem Film eine gefällige Variante zur Kramer gegen Kramer-Thematik zu machen.
Im Gegenteil: The Good Father und die Handlungsmotivationen seiner beiden
Hauptakteure sind nämlich alles andere als gefällig. Stellvertretend hierfür steht vor
allem die Anfangsszene: Wir sehen Bill Hooper mit Sohn Christopher auf einem
Kinderspielplatz herumtoben, eine Einstellung, die unweigerlich an Kramer gegen Kramer
denken läßt. Doch die Idylle trügt, die Szene schlägt um: Während Hooper versucht,
der Rolle des "guten Vaters" gerecht zu werden und den Sohn auf der
Spielplatzschaukel hin und her schaukelt, verzieht sich sein Gesicht allmählich zu einer
verbitterten, haßerfüllten Grimasse. Verdrängte Aggressionen gegen den eigenen Sohn
werden sichtbar, wenngleich auch wieder unverzüglich kaschiert hinter der Maske des
vermeintlich "guten Vaters".
Sohn Christopher ist in Hoopers Leben und Gefühlswelt nur Beiwerk und bleibt dies auch im
Verlauf des Films. Über die Vater-Sohn-Beziehung, den Umgang der beiden miteinander, gibt
der Film wenig Aufschluß und will dies auch nicht. So stellt sich für den Zuschauer
letztendlich die Frage, ob "Väter auch gute Mütter" sein können, nicht. Denn
dies ist meines Erachtens nicht Thema des Films. Es geht vielmehr um Hoopers Unfähigkeit,
sich auf familiäre Bindungen einzulassen und seinen Versuch, dieses eigene
Gefühlsdefizit anderen, in diesem Falle den Frauen, in die Schuhe zu schieben. Natürlich
scheint für dieses fragwürdige Vorhaben der unentschlossene und sich von seiner Frau
gedemütigt fühlende Lehrer Roger Miles der ideale Partner zu sein. Doch sehr bald wird
deutlich, daß die Problematik der beiden Männer eine völlig unterschiedliche ist.
Während Miles von seiner Frau verlassen wird, da diese mit einer anderen Frau in
Australien zusammenleben und einen Neuanfang versuchen möchte, war Hooper derjenige, der
Frau und Kind nach eigenen Worten "nicht mehr ertragen" konnte und verlassen
hat. So macht sich Hooper die scheinbar aussichtslose Situation des Freundes zunutze, um
seinen privaten Kleinkrieg gegen das andere Geschlecht zu führen, das ihm als Sündenbock
für das eigene Versagen dient.
Als Miles schließlich das Sorgerecht für seinen Sohn zugesprochen bekommt, wird
deutlich, daß auch dessen Motivationen nicht unproblematisch sind. Über Jahre hinweg hat
Miles nämlich nicht nur von der homosexuellen Beziehung seiner Frau zu einer anderen
gewußt und diese toleriert, sondern auch als stimulierend empfunden. Um so zweifelhafter
ist nun sein Triumph, der nichts anderes als Erpressung ist. Um den Sohn nicht zu
verlieren, muß Miles' Frau reumütig zu ihrem Mann zurückkehren und weiterhin den Schein
einer längst gescheiterten Ehe wahren.
Nachdem Hooper ein Verhältnis mit einer jungen Frau aus der Werbeagentur, für die er
arbeitet, beginnt und panikartig beendet, als die Gefahr einer gefühlsmäßigen starken
Bindung droht, wird auch ihm der eigentliche Grund für sein Handeln klar. Nicht seine
Frau Emmy war der Grund dafür, sich von den familiären Verpflichtungen loszusagen,
sondern Christophers Geburt und die Tatsache, die Liebe seiner Frau nun mit dem Sohn
teilen zu müssen. Nun löst sich auch die Bedeutung des Traums, den Hooper immer wieder
vor Augen sieht: Ein Unbekannter versucht Christopher im Kinderbett zu strangulieren. Doch
die Gefahr droht nicht, wie anfangs vermutet, von außen, sondern von Hooper selbst. Er
selbst ist es, der "gute Vater", der unterbewußt den Sohn zu töten versucht.
Ähnlich wie im Fall Rogers wird auch hier das vermeintliche Opfer einer gescheiterten
Beziehung zum eigentlichen Täter. Verlierer bleiben sie letztendlich alle, sowohl die
Väter, als auch die Mütter und Kinder.
Regisseur Mike Newell versteht es glänzend, diesen doch sehr schwer verdaulichen Stoff
und die schwierige Problematik ins Bild zu setzen. Als Drehort für den Film dient die
verarmte Gegend im Süden Londons mit seinen trostlosen Trabantenstädten und verkommenen
Hinterhöfen. Auf den Bürgersteigen türmen sich wahre Müllberge, da die städtische
Müllabfuhr mal wieder streikt. Auch drohen die Unterhaltungen der Hauptakteure immerzu in
der Geräuschkulisse des Films, so z.B. dem Vorbeidonnern von Zügen, zu ersticken.
Bezeichnend dafür ist auch Hoopers Wohnung, durch deren Fenster der Zuschauer auf eine
mehrstöckige Autobahn blickt. Die Menschen in diesem Film sind auch Opfer ihrer Umgebung,
die wiederum das Innenleben der Protagonisten auf beklemmende Weise widerspiegelt. Auch
der Schluß des Films greift zu einer solchen Metapher: Hooper sitzt im Garten seines
neuen Hauses. Einige Szenen zuvor sahen wir ihn noch diesen Garten durch hohe Holzwände
von den umliegenden Grundstücken abstecken. Jetzt sitzt Hooper allein dort. Abgeschnitten
von der Außenwelt in seinem wenige Quadratmeter großen, unbepflanzten Garten. Völlig
eingemauert.
© 1992 by Bettina B.
(Hopkins Files Nr.3)
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