Magic
Magic - Die Puppe des Grauens

USA 1978
Regie: Richard Attenborough / Produktion: Joseph E. Levine und Richard P. Levine / Kamera: Victor J. Kemper / Drehbuch: William Goldman nach seinem Roman / Musik: Jerry Goldsmith
Mit: Anthony Hopkins (Corky / Fats), Anne Margaret (Peggy Ann Snow), Burgess Meredith (Ben Greene), Ed Lauter (Duke) u.a.

Nachdem Zauberkünstler Corky (Anthony Hopkins), der sein Publikum mit Kartentricks unterhält, bei seinem ersten Auftritt jämmerlich durchfällt, macht er sich die Kunst des Bauchredens zu eigen und verbucht schließlich mit der Puppe Fats große Erfolge. Daraufhin will ihm Manager Ben Greene (Burgess Meredith) eine eigene Fernsehshow verschaffen. Doch als Corky erfährt, daß die Fernsehproduzenten im Hinblick auf dieses finanzielle Investment auf eine ärztliche Untersuchung bestehen, gerät er in Panik, verzichtet auf alle Fernsehpläne und flieht Hals über Kopf. Zwar begründet Corky diese Flucht mit seiner Angst vor dem Versagen, doch seine eigentliche Furcht besteht vielmehr darin, daß eine psychiatrische Untersuchung Aufschluß über Corkys gespaltene Persönlichkeit geben könnte. Denn die Puppe Fats hat längst ein Eigenleben entwickelt, das Corky kaum noch zu kontrollieren imstande ist. Fats denkt und argumentiert, ohne daß Corky ihm den Mund verbieten kann.
Corkys Flucht führt ihn in seine Heimatstadt Grossinger zurück, wo er seine alte Jugendliebe Peggy Ann Snow (Anne Margaret) aufsucht. Sie vermietet bescheidene Unterkünfte an Touristen und ist inzwischen mit dem eifersüchtigen Säufer Duke (Ed Lauter) verheiratet. Während Duke auf "Geschäftsreise" ist, verlieben sich Corky und Peg erneut ineinander. Doch Fats ist immer dabei. Nachdem Corky und Peg bereits in der ersten Nacht miteinander schlafen, bricht plötzlich Corkys Manager Ben Greene in die trügerische Idylle ein. Greene will sich das Geschäft mit Corky natürlich nicht entgehen lassen. Doch nach einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf Corky die Probe nicht besteht, seine Puppe Fats fünf Minuten lang zum Schweigen zu bringen, wird sich Greene über Corkys schizophrene Persönlichkeit bewußt und drängt diesen, sich psychiatrisch behandeln zu lassen. Fats überredet daraufhin Corky, sich des unliebsamen Eindringlings zu entledigen. Corky erschlägt den Manager mit der Puppe.
Als am nächsten Tag Pegs mißtrauischer Ehemann Duke auftaucht und die Leiche Ben Greenes entdeckt, wird auch er ein Opfer von Fats' "Überredungskünsten". Fats ist mittlerweile derart "stark", daß er mehr oder weniger zur handelnden Person, Corky selbst aber nur noch zur nachplappernden Puppe geworden ist. Da Fats seine Existenz nun nur noch durch Peggy Ann Snow bedroht fühlt und eifersüchtig auf Corkys Jugendliebe ist, befiehlt er Corky, auch sie zu töten. Für Corky gibt es jetzt nur noch einen Ausweg, sich von seinem übermächtig gewordenen zweiten Ich zu befreien...

Richard Attenboroughs Film Magic, der die Story einer dramatischen Liebe erzählt, die in einem Inferno von Gewalt und Grausamkeit erstickt, mußte sich häufig die Kritik gefallen lassen, nur ungenügend die gesellschaftlichen und psychosozialen Ursachen von Corkys Lebensangst, die ihn schließlich der Isolation und Krankheit verfallen läßt, verdeutlicht zu haben. Eine vielleicht berechtigte Kritik, denn nur schemenhafte Rückblicke geben Aufschluß über Corkys Kindheit und Jugend. Der Zuschauer begegnet Corky erst, als dessen schizophrene Erkrankung bereits für alle Welt sichtbar sein müßte und deshalb der weitere Handlungsverlauf frühzeitig vorgezeichnet ist. Corkys Entwicklungsgeschichte scheint mit dem Beginn des Films bereits abgeschlossen und das, was der Zuschauer letztendlich zu sehen bekommt, sind nur noch Auswirkungen, Ergebnisse einer bereits in der Kindheit wurzelnden Ich-Schwäche und Persönlichkeitsspaltung. Auch erscheint Corkys Projektion seines zweiten Ichs auf eine Mordbefehle erteilende Bauchrednerpuppe ein wenig zu plakativ und vereinfacht dargestellt.
Dennoch: Richard Attenboroughs einfühlsame Regiearbeit, Anthony Hopkins' großartiges und überaus engagiertes Spiel, sowie die Wahl des mystisch-melancholisch anmutenden Schauplatzes wissen diesen Schwächen des Drehbuches einiges entgegenzusetzen. Denn was unter anderen Voraussetzungen in einen belanglosen, blutrünstigen Psycho-Thriller hätte ausarten können, ist sicherlich nicht unverdientermaßen mit dem FBW-Prädikat "besonders wertvoll" versehen worden.
So ist Magic ein von Richard Attenborough handwerklich solides und perfekt in Szene gesetztes Psychodrama, das sich, um die beklemmenden, teilweise verstörenden Inhalte des Stoffes herüberzubringen, auf keine spektakulären Kameraeinstellungen einzulassen braucht. Attenborough inszeniert zurückhaltend und unauffällig, tritt, was hier sehr zu begrüßen ist, mit seiner Regiearbeit selbstlos in den Hintergrund.
Auch kann man nur von Glück sagen, daß Anthony Hopkins' Vorschlag, die Rolle des Corky doch besser mit Stars wie Dustin Hoffman oder Robert DeNiro zu besetzen, keine Beachtung geschenkt wurde. (Zwar war Produzent Joseph E. Levine zunächst der gleichen Meinung, ließ sich jedoch von Richard Attenborough überzeugen. Nach Drehschluß ließ Levine gar verlauten, daß er Anthony Hopkins auch gerne in der Titelrolle von Attenboroughs Gandhi sähe. Hopkins jedoch lehnte ab, - und Ben Kingsley bekam die Rolle, die ihm später auch den Oscar einbringen sollte.)
Hopkins schlägt sich in seiner ersten großen Hauptrolle in einer amerikanischen Filmproduktion meisterlich. Ohne Aufsehen erregenden Manierismus gelingt es ihm, seine Rolle glaubhaft und realistisch anzulegen und zugleich der mystischen Atmosphäre des Films gerecht zu werden. Zu den Höhepunkten zählt Corkys / Hopkins' verzweifelter Kampf mit dem außer Kontrolle geratenen zweiten Ego Fats.
Eine weitere überzeugende und glaubhafte Darstellung bietet Anne Margret in der Rolle der Peggy Ann Snow. Aber auch die Nebenrollen sind mit Burgess Meredith und Ed Lauter überdurchschnittlich besetzt und verhelfen Attenboroughs Film zu seiner atmosphärischen Dichte.
Trotz der bereits erwähnten Kritikpunkte ist Magic sicherlich ein Film, der unter die Haut geht, den man nicht so leicht vergißt."Besonders wertvoll" kann da auch nur mein Urteil lauten.

© 1992 by Bettina B.
(Hopkins Files Nr.2)

 

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