Meet Joe Black
Rendezvous mit Joe Black

USA 1999
Regie: Martin Brest / Produzent: Martin Brest / Drehbuch: Ron Osborn, Jeff Reno, Kevin Wade u. Bo Goldman frei nach dem Bühnenstück Death Takes a Holiday von Maxwell Anderson u. Gladys Lehman / Musik: Thomas Newman
Mit: Brad Pitt (Joe Black), Anthony Hopkins (William Parrish), Claire Forlani (Susan Parrish) u.a.

Das Ende eines ereignisreichen Weges

Sonderlich bekannt ist dieser Film, in dem hauptsächlich Brad Pitt und Anthony Hopkins im Vordergrund stehen, nicht - leider, wie ich sagen möchte. Denn der Film ist in meinen Augen äußerst sehenswert, auch wenn er phasenweise vom Boden der Tatsachen abzuheben scheint.

Worum geht es?

William Parrish (Anthony Hopkins), Gründer und Vorsitzender einer erfolgreichen Nachrichtenfirma, wird eines Tages vom Tod aufgesucht. Dieser hat sich im Körper eines Menschen (Brad Pitt) eingenistet und will von Parrish auf Erden umhergeführt und unterhalten werden - solange es für den Tod interessant bleibt, darf William noch auf Erden weilen. Joe Black, wie der Tod sich nennt, erlebt allerhand, nimmt an gemütlichen Familienessen im Hause Parrish teil, besucht Parrishs Vorstandsitzungen, weicht dem älteren Herrn kaum noch von der Seite und verliebt sich in Susan, die Tochter seines Opfers. Seine Anwesenheit sorgt für ein großes Durcheinander: Parrish wird aus seiner eigenen Firma gemobbt, und seine Tochter Susan verliebt sich unsterblich in den Tod. Am Tage seines 65. Geburtstages soll William Parrishs Reise ins Jenseits stattfinden. An jenem Tag eröffnet Joe Black ihm, dass er auch seine Tochter mitnehmen will...

Der Tod in der Gestalt eines Menschen - ist eine solche Personifizierung wirklich glaubwürdig?

Nein, nicht wenn man strikt daran festhält, dass der Tod etwas nicht Greifbares, etwas absolut Abstraktes ist, vielleicht sogar das größte Abstraktum überhaupt ist. Sieht man diesen Mann, Joe Black, nun aber mit metaphorisch-entschlüsselnden Augen, so kann man sich, so meine ich, nach und nach daran gewöhnen, dass dieses blonde, gutaussehende Männlein im adretten Anzug den Tod darstellen soll. Gewiß, notwendig für diese sukzessive Akzeptanz der Figur Joe Black ist deren Verhaltensänderung, die nach der Körpernahme durch den Tod erfolgt: Zuvor ist der Mann, der zunächst im besagten Körper steckt, ein charmanter, flapsiger Kerl, der weder mit Worten noch mit Komplimenten spart. Nachdem der Tod sein Äußeres übernommen hat, erfolgt eine komplette Verhaltensänderung, die durch Brad Pitt sehr gut dargestellt wird: Sein Blick wird leer, freudlos, seine Worte werden karg, dafür aber in ihrer Klarheit und Bedeutung extrem scharf umrissen. Der blonde Tod drückt sich bürokratischer aus als es beispielsweise ein Paragraphenreiter jemals tun würde. Noch etwas Anderes ist hinzugekommen: Grenzenlose Arroganz, die von Joe Black jedoch niemals prahlerisch sondern eher thesenhaft, manchmal leicht herausfordernd, artikuliert wird. Der Tod lebt jedoch auf, als er sich immer mehr Susan annähert. Und das führt zu der nächsten wichtigen Frage:

Kann sich der Tod verlieben bzw. kann der Tod wahre Liebe empfinden?

Die Bejahung dieser Frage würde die Denkbarkeit des Unvorstellbaren erfordern, deshalb bleibt sie unbeantwortet im Raum stehen. Wie kann etwas, was nicht menschlich ist, was eher, wenn überhaupt, ein Element ist, Liebe empfinden? Man kann darüber Tausende Male nachdenken, man wird sich höchstens das Gehirn zermartern.
Gewiß wollen die Macher des Filmes aber nicht darstellen, dass auch der Tod Gefühle hat, sondern legen sie eher Wert darauf, aufzuzeigen, dass man das Leben nutzen soll. William Parrish, der todgeweihte Noch-64jährige, ist das Paradebeispiel eines gelebten Lebens. Sowohl beruflich als auch privat hat er alles erreicht, was er sich zuvor gewünscht hatte. Wir erfahren, dass er sich seinen Reichtum hart erarbeitet hat, dass seine beruflichen Träume nicht nur von finanzieller Profitgier, sondern auch von Visionen und sozialem Denken geleitet wurden, uns wird übermittelt, dass er zu den Lebzeiten seiner Frau sehr glücklich mit ihr war und sehen, dass er zwei wundervolle Töchter hat. Er lebt also ein Vorzeigeleben, ist in jeder Hinsicht ein guter Mensch und wurde aufgrund all dieser persönlichen Qualitäten vom Tod auserwählt, ihn in seiner Welt der Lebenden herumzuführen.

Aber hätte es denn nicht bei dieser Führung bleiben können? Warum muß William Parrish sterben?

Dieser Gedanke quält den Zuschauer den ganzen Film über. Man vermag es einfach nicht zu verstehen. Ist der Grund eine Herzschwäche? Hätte man diese nicht in irgendeiner Form medizinisch kurieren können? Der Versuch wird jedoch gar nicht gemacht.

Will William Parrish sterben?

Das ist eine interessante Frage. Zunächst, in den ersten Szenen des Filmes, wird der Zuschauer sie noch mit einem klaren "Nein!" beantworten. Parrish hängt so sehr in seinem Alltag, wirft sich quasi mit Leib und Seele hinein, dass es gar nicht so scheint, als könne er irgendwelche Sympathien für ein Ableben hegen. Auch seine Frage an Joe Black, ob er in seinem Fall nicht einmal eine Ausnahme machen könne, läßt darauf schließen, dass er noch gerne länger auf der Erde verweilen würde.
Aber wofür und wozu? Höchstens für seine Firma und für seine Töchter, nicht aber für sich selbst. Man merkt, dass ihm seine Firma und deren Zukunft enorm am Herz hängen. Er will keinesfalls, dass das Unternehmen durch äußere Einflüsse kommerzialisiert und so die ursprünglichen Ideen zerschlagen werden, und natürlich hängt er an seinen Töchtern, ist glücklich wenn er ihnen die ein oder andere Freude machen, den ein oder anderen guten Ratschlag geben kann. Phasenweise scheint es jedoch so, als habe er schon mit dem Leben abgeschlossen, beispielsweise, wenn er mit traurigen Augen von seiner verstorbenen Frau erzählt, die er über alles geliebt hat, und der er anscheinend gerne folgen würde. Untermauert wird dieser Eindruck durch seine Gefaßtheit zum Schluß des Filmes, als er bereit ist, zu gehen. Wichtig ist bei all der Stärke dieser Figur aber nicht die Person selbst, sondern die Werte und Lebenseinstellungen, die sie verkörpert. Die wichtigste hiervon ist wohl zweifelsohne: Die Liebe. Nicht umsonst hat der Film zwischenzeitlich etwas von einer Romanze. William Parrishs Devise "Wenn du nicht einmal in deinem Leben aufrichtig geliebt hast, hast du dein Leben nicht wirklich gelebt." ist das A und O des Filmes. Wie zuvor mit seiner Ehefrau, lebt Parrish in Hinblick auf seine Töchter seine Worte aus: Er liebt sie - das sieht und hört man.
Auch wenn er seine ältere Tochter Alison - so scheint es - ein wenig stiefmütterlich behandelt. Der anderen, Susan, läßt er mehr Zuneigungsbekundungen zuteil werden, woran immer das auch liegen mag. Dennoch, gegen Ende des Filmes wird klar, dass er beide Töchter innig liebt und er ihnen dies auch zeigen kann. Und hier setzt die Fabel des Filmes an:

Was ist der Mensch ohne die Veräußerung seiner Gefühle?

Nichts - wie uns der Film in mehreren Szenen eindrucksvoll zeigen kann. Brad Pitt habe ich zuvor schon für seine wandlungsfähige und eindrucksvolle Darstellung des personifizierten Todes gewürdigt, nun muß eine kleine Lobrede für Anthony Hopkins stattfinden: Man ist es von ihm gar nicht anders gewohnt und auch in diesem Film weiß Hopkins durch seine emotionale und abgeklärte Darstellung zu überzeugen. Dem Zuschauer wird warm ums Herz, wenn er dem Tod von seiner verstorbenen Frau und deren Vorliebe für Lammsandwiches vorschwärmt. Auch die Verabschiedungen von Alison und Susan sind gut gespielt, so gut, dass es sentimentalen Zuschauern, die ein oder andere Träne kosten kann. Andererseits mulmig wird es dem Publikum, wenn es sieht, wie gefaßt Parrish die Nachricht seines baldigen Ablebens aufnimmt und später auch bereit dafür zu sein scheint und es auch wirklich ist. Schauspielerische Klasse! Der Waliser ist einfach eine Koryphäe, wenn es darum geht, schwierige Rollen perfekt zu spielen.
Trotz des Herzschmerzes, der manchmal aufkommt, ist dieser Film sehenswert, und ich frage mich, warum er so erfolglos blieb.

© 2001 by Nadine S.

 

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