Oscar 1992
64th Academy Awards

OSCAR, OSCAR, OSCAR!
Oh, ja, dazu fällt mir einiges ein... So zum Beispiel, daß ich, kurz nachdem ich im April '91 Das Schweigen der Lämmer zum ersten Mal im Kino sah, mir und anderen die Frage stellte, warum dieser herausragende Film und seine Hauptdarsteller eigentlich nicht in den Nominierungen für die Oscar-Verleihung 1991 zu finden gewesen waren. Schließlich brachte ich in Erfahrung, daß Orion Pictures Das Schweigen der Lämmer bisher in keinen Wettbewerb geschickt hatte, um keinen Konkurrenzkampf zwischen diesem Film und Der mit dem Wolf tanzt, ebenfalls ein Orion Picture, entstehen zu lassen. Eine kluge Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte...
Allerdings hegte ich damals großen Zweifel, ob sich die Academy Mitglieder ein Jahr nach der Uraufführung des Films überhaupt noch an Das Schweigen der Lämmer und seine großartigen Darsteller erinnern würde. Und wären bis dahin nicht auch die Einspielergebnisse an den Kinokassen längst gesichert und dadurch der Film unter finanziellen Gesichtspunkten für eine Oscar-Nominierung eher uninteressant? Ja, dieses Thema beschäftigte mich lange bevor Das Schweigen der Lämmer letztlich doch mit sieben Nominierungen ins Oscar-Rennen ging. Nach Bekanntgabe der Nominierungen im Februar, lief der Countdown... Noch ein Monat bis zur 64'sten Oscar-Verleihung.
Ich muß gestehen, daß fortan nur noch ein Thema in meinem Kopf herumspukte: OSCAR, OSCAR, OSCAR... als gäbe es nichts Gewichtigeres auf der Welt. Meine Freunde konnten da einem schon fast leid tun, denn beinahe täglich informierte ich sie über die neusten Oscar-Prognosen, welche Zeitschrift wen als Sieger tippte und so weiter. Böse Zungen behaupteten gar, daß ich mich, wenn ich so weitermachte, bald selbst in eine vergoldete Statue verwandeln würde. Auf diese Weise verging der März dann recht schnell, und die Nacht der Nächte, die Live-Übertragung der Oscar-Verleihung, nahte unbarmherzig. Am Morgen des 30.März war ich dann ein nervliches Wrack. Völlig unausgeschlafen und in ständiger Aufregung harrte ich dem, was da kommen sollte...
Alles war vorbereitet für das große Ereignis: Literweise Kaffee und jede Menge Sekt. Für jeden gewonnenen "Lämmer"-Oscar beabsichtigten Bennet und ich, einen Piccolo zu trinken. Da natürlich nicht mit allen sieben Oscars, für die Das Schweigen der Lämmer nominiert waren, zu rechnen war, kauften wir "nur" fünf Flaschen, ohne jedoch jemals ernsthaft daran geglaubt zu haben, diese fünf Flaschen tatsächlich alle öffnen zu müssen!
Und dann, endlich, endlich, endlich! Um vier Uhr morgens, nachdem wir bereits die erste Kanne Kaffee geleert hatten, sollte das große Oscar-Spektakel aus Hollywood nun endlich über die Bühne gehen. Und alles begann dann auch so ganz nach unserem Geschmack: Gastgeber Billy Crystal eröffnete die Show im Hannibal Lecter Outfit, stieg von der Bühne und begrüßte Anthony Hopkins! Was für ein Auftakt!!!
Danach folgten allerdings 2 ½ Stunden bangen Zitterns und eines alles in allem viel zu lang geratene Show, während deren Verlauf ich sichtlich um Jahrzehnte alterte und bald das erste Magengeschwür aufgrund exzessiven Kaffeekonsums schmerzhaft spürte!
Als dann irgendwann gegen halb sieben Uhr morgens der Umschlag für das beste adaptierte Drehbuch geöffnet wurde, war die Spannung kaum noch zu ertragen: "And the Oscar goes to... Ted Tally for The Silence of the Lambs!" Ein erste verhaltener Jubelschrei ertönte aus einem Wohnzimmer irgendwo in Deutschland. Und während Ted Tally nun noch seine Ansprache hielt, war ich gerade damit beschäftigt, in der Küche die erste unserer fünf Sektflaschen zu öffnen, ein vor lauter Aufregung geradezu unmögliches Vorhaben! Und plötzlich ertönte da Bennets Ruf aus dem Wohnzimmer: "Schnell! Komm' schnell!" Ich sprintete also sofort zurück an den Fernseher und mußte zu meinem Entsetzen feststellen, daß Kathy Bates bereits die Nominierungen für den besten männlichen Hauptdarsteller verlas. Ich hörte mich nur noch ein verzweifeltes "ach, wie schrecklich, ach, wie furchtbar..." vor mich hin murmeln, als der Umschlag auch schon geöffnet wurde. "And the Oscar goes to...," Herzstillstand! "... ANTHONY HOPKINS...!!!" ...worauf aus einer niederrheinischen Stadt nahe bei Düsseldorf zwei Jubelschreie ertönten, welche die gesamte Nachbarschaft aus tiefem Schlaf reißen sollten. Viele glaubten damals schon an eine Erdbeben!
Von Tonys sichtlich bewegt und nervös vorgetragenen Rede bekam ich vor lauter Freude und Fassungslosigkeit kaum etwas mit. Zumal es damit noch lange nicht genug sein sollte. Nach einer kurzen Gesangseinlage ging es weiter Schlag auf Schlag. Wir saßen immer noch auf unserer ersten Flasche Sekt, als Das Schweigen der Lämmer auch die nächsten drei Oscars einsammelte. Von uns mit lautstarken Anfeuerungsrufen und anschließendem Jubel begleitet, hießen die folgenden Gewinner: Jodie Foster (Beste Hauptdarstellerin), Jonathan Demme (Beste Regie) und, das Jahr der Lämmer besiegelnd, Das Schweigen der Lämmer (Bester Film).
Zu schön, um wahr zu sein!
Reichlich belämmert und leicht angetrunken hieß es schließlich für uns, um acht Uhr morgens zur Arbeit aufzubrechen. Doch es vergingen noch ein paar Tage bis uns der Alltag nach dieser denkwürdigen Oscar-Nacht wiederhatte.

© 1992 by Bettina B.
(Hopkins Files Nr.3)

Weitere Hopkins Files - Kritiken zu diesem Thema:
Oscar 1992 - Die Nacht der Nächte
Oscar 1994
Oscar 1995 - Pleiten, Pech und Pannen

 

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