Othello

GB 1981
Regie: Jonathan Miller / Produktion: Cedric Messina / Musik: Stephen Oliver / Nach dem gleichnamigen Drama von William Shakespeare
Mit: Anthony Hopkins (Othello), Bob Hoskins (Iago), Penelope Wilton (Desdemona), David Yelland (Cassio) u.a.

Der farbige Mischling Othello (Anthony Hopkins) wird zum Hauptmann ernannt. Verheiratet mit der schönen Desdemona (Penelope Wilton), der Tochter seines Vorgesetzten, wird er bald auf einen bedeutenden Posten versetzt. Dem Soldaten Iago (Bob Hoskins), der unter Othello dient, ist diese Ehre zu viel, hatte er doch selbst mit dem Posten gerechnet. Er erschleicht sich Othellos Vertrauen und kann sich schon bald dessen bester Freund nennen. Nun hat er leichtes Spiel mit dem leichtgläubigen, von Selbstzweifeln zerfressenen Othello.
Iago redet Othello langsam ein, daß Desdemona ein Verhältnis mit dem jungen und weißen Soldaten Cassio (David Yelland) hat. Geschickt manipuliert Iago Othello, sogar mit Hilfe seiner eigenen Frau, der Kammerzofe Desdemonas, bis Othello an den Ehebruch glaubt. Er sieht schließlich keinen anderen Weg seine Ehre zu retten, als Desdemona ihrer gerechten Strafe zu übereignen. In einer verzweifelten Wahnsinnstat erwürgt er Desdemona und begeht kurz darauf Selbstmord.
Aber auch Iagos Intrigenspiel wird aufgedeckt und er seinen Richtern überstellt.

Othello erzählt die klassische Geschichte eines Mannes, der an seinen Selbstzweifeln zugrunde geht. Das Stück beinhaltet aber auch das immer wiederkehrende Thema in Shakespeares Stücken: Eifersucht.
Dieses durchaus heute noch aktuelle Thema braucht aber unbedingt die Unterstützung guter Darsteller. Deswegen verwundert es etwas, daß in diesem Fall Bob Hoskins gewählt wurde. Ich will hier nicht unterstellen, daß Bob Hoskins kein guter Darsteller ist, nur mit der klassischen Rolle des Iago scheint er doch etwas überfordert. Auf jeden Fall ist es nicht die Art Rolle, die zu ihm paßt. Seinem Iago fehlt das Hinterhältige. Iago war ein Mann mit zwei Gesichtern, der gekonnt (wenn auch nicht sehr erfolgreich) seine Ziele durchzusetzen vermochte. Das einzige, was sich bei Bob Hoskins durchsetzt, ist sein starker Cockney-Dialekt! Und das ist gleichzeitig der Punkt, der ihm ein Bein stellt. Wie soll man spüren, wie hinterhältig Iago ist, wenn man sich gleichzeitig über diesen einmaligen Dialekt kaputtlacht?! Es kann einfach nicht das gewisse Gefühl entstehen. Durch diesen Effekt wirkt Iago längst nicht so gefährlich, wie Shakespeare es beabsichtigt hatte. Hoskins' Iago fehlt der gewisse Kick! Und ob es nun wirklich nur am Dialekt oder auch an Bob Hoskins selbst liegt, konnte man bei dem vielen Gelächter nicht mehr feststellen. Ein Positives hat Hoskins' Cockney-sprechender Iago auf jeden Fall: Man konnte sich köstlich amüsieren!
Anders sieht die Sache dann schon wieder bei Othello und Anthony Hopkins aus. Anthony Hopkins' Darstellung des Othello ist so ergreifend, daß einem das angefangene Lachen manches Mal im Halse stecken bleibt. Seinem Othello, trotz walisischen Dialekts, kauft man jede Minute, jede Sekunde den von Selbstzweifeln geplagten Menschen ab. Auch wenn man fast versucht ist, bei seinem epileptischen Anfall in Gelächter auszubrechen, wird man zu schnell vom Ernst des Geschehens und der Person wieder eingeholt. Man kauft Anthony Hopkins jeder Zeit den Betrogenen ab. Den Betrogenen, der so voller Komplexe steckt, die ihn sogar glauben machen, daß Desdemona ihn betrügt. Die rollenbedingte Gutgläubigkeit des Othello und Hopkins, der das Gefühl gekonnt vermittelt, erregen Mitleid beim Zuschauer. Selbst den Zwiespalt zwischen Mord, der Ehre wieder herstellen und der Liebe zu Desdemona kann man nachvollziehen.
Mit Penelope Wilton als Desdemona hat man Anthony Hopkins eine ebenbürtige Partnerin an die Seite gestellt. Glaubwürdig vermittelt sie ihre Verzweiflung über Othellos Wandlung. Sie ist sich keiner Schuld bewußt und steht ihrem Mann bis zum Schluß loyal zur Seite. Man kann ganz deutlich mitfühlen, wie verwirrt sie über Othellos Anschuldigungen ist.
Jonathan Miller, der Regisseur, zeigt bei dieser BBC-Verfilmung von Othello ein sicheres Gespür für die beiden Hauptfiguren Othello und Desdemona, sowie deren Darsteller Hopkins und Wilton. Um so weniger ist es zu verstehen, daß er anscheinend kein Augenmerk auf Bob Hoskins' Iago legte. Diese schwache Darstellung ist eigentlich nicht zu entschuldigen.
Wenn man diesen für das Fernsehen produzierten Film etwas genauer betrachtet, entdeckt man jedoch mehrere solcher Schwachstellen. Die ganze Inszenierung wirkt zu theaterhaft, einfach zu lebensunecht. Die Szenen sind zu gestellt. Mag ja sein, daß es Miller nicht aufgefallen ist, aber seine Othello-Adaption ist nicht sehr gut umgesetzt. Eigentlich seltsam für eine BBC-Verfilmung. Da taucht doch unweigerlich die Frage auf: Kann man denn überhaupt mehr aus Othello herausholen? Vielleicht hat es einfach noch keiner probiert?

© 1992 by Bob H.
(Hopkins Files Nr.4)

 

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