Surviving Picasso
Mein Mann Picasso

USA 1996
Regie: James Ivory / Produzent: Ismail Merchant u. David L.Wolper / Drehbuch: Ruth Prawer Jhabvala nach den Memoiren von Françoise Gilot / Musik: Richard Robbins
Mit: Anthony Hopkins (Picasso), Natascha McElhone (Françoise), Joss Ackland (Matisse), Julianne Moore (Dora Maar), Bob Peck (Vater), Joan Plowright (Großmutter) u.a.

Der Film kam wie angekündigt: Tony nicht wie sonst, undurchschaubar, magisch und unerreichbar, sondern ein Mensch, wie er leibt und lebt, allerdings ein Künstler Und das bedeutete für Picasso, "wie Gott" zu sein, einmalig in seiner Kunst. Dieser Künstler-Gott ist auf andere Weise unerreichbar: für Frauen ist er der Herr und Gebieter, sie sind seine Sklaven, die er je nach Wunsch austauschen kann. Wenn sie ihn von sich aus verlassen wie Françoise, dann ist es fast ein Verbrechen. Wie kann man ihn, Picasso, den Abgott, "im Stich lassen"? Wie kann man ihn so beleidigen? Es ist die Schuld der Frauen, wenn sie von ihm gehen. Niemals käme er auf die Idee, daß es an ihm liegen könnte. Er ist absolut perfekt, in seinen Kunstwerken, in der Liebe, im Leben überhaupt. Frauen haben treu, unterwürfig und stets zu Diensten zu sein. Was ist das für ein Frauenbild? Frauen als abhängige Wesen, die nur durch den Mann, den "Schöpfer und Erhalter", etwas Sinnvolles darstellen? Im Grunde war er wohl ein einsamer Mensch, etwas weltfremd und abgehoben von den anderen. Das wird auch deutlich an seinem seltsamen Umgang bei ganz banalen Dingen, nämlich Beschneiden von Fuß- und Fingernägeln sowie seinen Haaren. Alles, was abgeschnitten worden war, wurde fein säuberlich aufgehoben, damit nicht jemand es irgendwann einmal gegen ihn verwenden könnte! Ganz triviale Ängste bestimmen hier sein Leben. Im Grunde ist er ein Kind geblieben: Die Szene mit der Blume am Ohr zeigt dies, und auch sein Verhalten gegenüber seinem kleinen Sohn am Strand. Er wirkt ziemlich albern und unreif. Oder er muß sich hier einmal richtig "austoben", wie er es vielleicht auch in seinen Kunstwerken oftmals getan hat. Er kann es sich ja erlauben, denn die Welt bewundert ihn ja sowieso, egal wie er sich verhält...

Tony glänzt wieder in der Rolle eines außergewöhnlichen Menschen. Es ist wohl seine Spezialität Ganz anders aber als sonst. Nicht geheimnisumwittert, kalt und unnahbar wie sonst oft (Remains of the Day, Howards End), sondern mitten im prallen Leben stehend.
Aber ich denke, diese Rolle ist nicht seine eigentliche große Stärke. Es ist mehr seine Stärke, Menschen zu spielen, die ihre Gefühle unterdrücken, die fast platzen vor Gefühlen, diese aber unter Kontrolle haben. Tony wirkt viel erotischer, wenn er nicht so direkt seine Gefühle zeigt, sondern nur ganz sparsam und an den richtigen Stellen. - Ich persönlich würde ihn auch sehr gerne wieder in solchen Filmen wie oben erwähnt sehen.
Insgesamt halte ich Surviving Picasso für sehr sehenswert. Natürlich vor allem wegen Tonys hervorragender Schauspielkunst. Der Film an sich bleibt weit hinter ihm zurück. Ich denke, daß auch der deutsche Filmtitel Mein Mann Picasso einfach nicht so gut ist. Surviving Picasso hat doch eine ganz andere Aussage bereits im Titel. Aber das läßt sich im Deutschen wohl nicht so nachvollziehen.
Leider hatte Tony mit diesem Film nicht den Erfolg, den wir ihm wünschen. Es liegt wohl auch an dem Charakter, den er hier zu spielen hat, wie ich das bereits oben erwähnte. Es bleibt zu hoffen, daß es in Zukunft Rollen für ihn gibt, die seinem eigentlichen Wesen mehr entsprechen.

© 1996 by Renate S.

 

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