|
The
Road to Wellville
Willkommen in WellvilleUSA 1995
Regie: Alan Parker / Produzent: Alan Parker und Robert F. Colesberry / Drehbuch: Alan
Parker nach dem gleichnamigen Roman von T.C.Boyle / Musik: Rachel Portman
Mit: Anthony Hopkins (Dr. John Harvey Kellogg), Bridget Fonda (Eleanor Lightbody), Matthew
Broderick (Will Lightbody), John Cussack (Charlie Ossining), Colm Meaney (Badger), Dana
Carvey (George Kellogg) John Neville (Endymion Hart-Jones) u.a.
"Euch ist ja wohl klar, daß ihr eine Rezension
schreibt?" Mit diesen Worten wurden Daniela und ich von Bettina nach Hamburg
entlassen, wo wir dann in Gesellschaft von Katja und Anne (Krisl mußte leider schon am
Nachmittag nach Berlin zurück) auf dem Hamburger Filmfest am Abend des 3.10.1994 wieder
einmal das Ende einer hopkinslosen Durststrecke erleben durften. Our Tony war leider nicht
anwesend, dafür aber der Regisseur Alan Parker, der einen sympathischen und bescheidenen
Eindruck machte und lieber seinen Film für sich sprechen ließ...
Kellogg's Cornflakes kennt jeder, aber wer kennt schon
ihren Erfinder, John Harvey Kellogg? In Parkers Film wird diese Bildungslücke
ausgefüllt:
Dr. John Harvey Kellogg (Anthony Hopkins) führt mit strengen Prinzipien zu Anfang dieses
Jahrhunderts im amerikanischen Mittelwesten ein Sanatorium für die Reichen und
Berühmten. Geschlechtsverkehr (auch unter Eheleuten) gilt als ungesund,
Selbstbefriedigung erst recht. Fleisch, so demonstriert er in einem Vortrag seinem
entsetzten Publikum an zwei Proben, ist unter dem Mikroskop nicht von Pferdedung zu
unterscheiden, und so etwas Abscheuliches sollte man essen? Alkohol - out of the question.
Sexuelle Enthaltsamkeit, viel Bewegung und gesunde Ernährung sind angesagt.
Zu dieser Hochburg der Gesundheit kommen Eleanor und Will Lightbody (Bridget Fonda und
Matthew Broderick). Eleanor war schon mehrfach da und hat ihren Mann mitgebracht, weil er
an Verdauungsstörungen leidet. An dem armen Will wird uns die ganze perfekte Maschinerie
des Sanatoriums demonstriert: Der Chef höchstpersönlich diagnostiziert schon bei der
Begrüßung in ihm einen schwerkranken Mann, sofort wird er von seiner Frau getrennt, in
einem Rollstuhl auf sein Zimmer verfrachtet, mit Einläufen traktiert (eines von Dr.
Kelloggs Hobbys), in Spezialmaschinen, die Folterinstrumenten gleichen, massiert, mit
Elektroschocks und kalten Güssen behandelt. Gemeinerweise wird ihm auch noch die
attraktive Schwester Graves als persönliche Pflegerin zugeteilt - und er hat vor lauter
Enthaltsamkeit bereits Halluzinationen, in denen er jede halbwegs hübsche Frau nackt
sieht. Eleanor dagegen nimmt das Leben im Sanatorium, das Will wie ein Irrenhaus
erscheint, begeistert wieder auf und erneuert ihre Freundschaft mit dem Assistenzarzt Dr.
Frank Linniman und ihrer Vertrauten Virginia Cranehill.
Parallel zur Geschichte der Lightbodys wird die Geschichte von Charlie Ossining (John
Cusack) erzählt: Charlie will reich werden, und zwar mit "Per-Fo" (hat nichts
mit Perforation zu tun, sondern mit "Perfect Food"), einem Plagiat der
berühmten "Kellogg's Cornflakes". Seine Geldgier und Leichtgläubigkeit haben
ihn in die Hände des Betrügers Goodloe Bender getrieben, der das Geld verpraßt, das
Mrs. Hookstratten, Charlies reiche Tante, diesem zur Gründung einer Existenz gegeben hat.
Aber auch Dr. Kellogg hat Probleme: Sein mißratener Adoptivsohn George (Dana Carvey), ein
Trinker und Herumtreiber, taucht im Sanatorium auf, weil er Geld haben will. Er hat seinen
Adoptivvater schon als Kind zur Verzweiflung gebracht, wie mehrere Rückblenden zeigen:
George, vom strengen Vater dazu verdonnert, zur Haustür hereinzukommen und seine Jacke am
vorgesehenen Platz aufzuhängen, bis er begriffen habe, daß man sie nicht auf den Boden
wirft, betreibt diese eine Aktion über mehrere Tage fast pausenlos, bis Dr. Kellogg ihn
geradezu anfleht, aufzuhören - worauf George die Jacke auf den Boden wirft und zu Bett
geht, wie es ihm befohlen worden war. George macht beim Weihnachtsliedersingen
Furzgeräusche mit dem Mund, ein anderes Mal rebelliert er stundenlang lautstark gegen das
den Kindern servierte gesunde Essen. Bei Vater und Sohn verkörpert jeder das, was der
andere haßt, und sie verabscheuen sich zutiefst. Damit also George, dieser Schandfleck in
Menschengestalt, schnell aus der sauberen Klinik verschwindet, erhält er sein Geld.
Will ergibt sich mittlerweile in sein Schicksal und schließt Freundschaft mit Endymion
Hart-Jones (John Neville). Er fängt auch eine Liebschaft mit der bleichsüchtigen Miß
Muntz an.
Bender hat im Rahmen seiner Versuche, Connections zur Gründung einer
Frühstücksflockenfirma anzuknüpfen, inzwischen die Bekanntschaft von George Kellogg
(der Name!) gemacht. Gemeinsam mit einem aus dem Sanatorium gefeuerten Stallarbeiter
ziehen Bender, Charlie und George in einer stillgelegten, völlig heruntergekommenen
Fabrik die Produktion von Frühstücksflocken auf. Das Ergebnis ihrer Bemühungen wollen
allerdings nicht einmal die Schweine fressen.
Will hat einen sehr schlechten Tag: Beim morgendlichen Fußbad, bei dem den Patienten
Stromschläge verabreicht werden, wünscht sich Endymion wieder einmal "mehr
Ampere", was damit endet, daß der Pfleger und "Mr. Unpronounceable", ein
russischer Patient, den keiner versteht, tödliche Stromschläge erleiden. Endymion nimmt
es ziemlich gelassen hin, aber Will packt das kalte Grauen bei dem Gedanken, daß dieser
wahnsinnige Gesundheitsfanatiker seine Patienten unter Umständen tödlichen
Stromschlägen aussetzt. Er kommt auf sein Zimmer, gegenüber wird das Bett von Miß Muntz
neu bezogen, und er erfährt, von den Pflegerinnen, daß die arme Ida am Morgen gestorben
sei. Vor dem Haupteingang des "San" bildet der vom Herzschlag getroffene
Poultney Dab, seines Zeichens Sekretär von Dr. Kellogg, den Mittelpunkt eines
Menschenauflaufes, als Will aus dem Haus rennt. Drei Tote an einem Morgen! Will flieht,
betrinkt und überfrißt sich in der Stadt an Fleisch. Bei seiner Rückkehr wird er von
der schockierten Eleanor entdeckt und Dr. Kellogg vorgeführt. Dieser beschließt nach
einer saftigen moralischen Strafpredigt eine Operation. Will ist zunächst überzeugt,
daß man ihn kastrieren will, aber es geht nur um ein Stück seines renitenten, trägen
Darmes.
Eleanor hat inzwischen die Bekanntschaft von Mr. Lionel Badger (Colm Meaney) gemacht,
einem fanatischen Tierschützer und Vegetarier, der noch etwas verrückter zu sein scheint
als Dr. Kellogg. Durch ihn gerät sie an Dr. Spitzvogel, einen Scharlatan, der Frauen
durch "Unterleibsmanipulation" behandelt, um Verspannungen zu lösen.
Charlie, Mr. Bender und George haben inzwischen, nachdem ihre eigene
Frühstücksflockenproduktion danebengegangen ist, eine Wagenladung der Original
Cornflakes gestohlen und in ihre Per-Fo-Packungen umgefüllt. Bender verkauft sie und
macht sich mit dem Erlös davon, Charlie die Hotelrechnung hinterlassend. Außerdem wartet
bereits die Polizei, weil Bender ein gesuchter Hochstapler ist. Weiterhin hat Dr. Kellogg
über seine Anwälte Klage wegen Patentverletzung eingereicht. Charlie soll alles
ausbaden, was er natürlich nicht einsieht. Er läuft einfach davon. Jetzt gibt es nur
noch einen Weg: Seine Tante, die ebenfalls Patientin in Kelloggs Sanatorium ist und
Charlie brieflich ihr Kommen angekündigt hatte, darf nichts von dem Betrug erfahren. Er
muß versuchen, noch mehr Geld von ihr zu erhalten, um so die Schulden zu bezahlen, die
Bender hinterlassen hat. Aus diesem Grund taucht Charlie bei einem Sommerfest im
Sanatorium auf. Dr. Kellogg weiß jedoch, daß Charlie an dem Betrug beteiligt ist, läßt
in einer öffentlichen Rede den Betrug auffliegen und ihn festnehmen.
Am gleichen Tag entdeckt Will, der sich inzwischen von seiner Operation erholt hat und von
Dr. Kellogg über die neue "Therapie" seiner Frau in Kenntnis gesetzt wurde, Dr.
Spitzvogel bei der "Arbeit" an Eleanor und Virginia, mit Badger als Voyeur.
Seine Geduld ist endlich zu Ende: Er verprügelt Spitzvogel und schleppt Eleanor mit sich.
Er erklärt sich als geheilt, zumal er vorher der Versuchung einer weiteren
außerehelichen Eskapade in Gestalt von Schwester Graves widerstanden hat, und so
verlassen die Lightbodys das "San". Ein Sprung in die Zukunft zeigt sie als
glückliches Ehepaar mit vier Töchtern.
George, wütend darüber, daß wieder einmal eine Gelegenheit, an Geld zu kommen und
gleichzeitig seinem Pflegevater eins auszuwischen, zunichte geworden ist, legt Feuer im
Sanatorium und verhöhnt dann Dr. Kellogg. Dieser verfolgt ihn, um ihn von weiterer
Brandstiftung abzuhalten und taucht ihn nach längerer Verfolgungsjagd schließlich in
einem großen Bottich mit Erdnußbutter unter. George gibt erschöpft klein bei. Vater und
Sohn können sich gemeinsam mit knapper Not aus dem Gebäude retten, das völlig
niederbrennt. Der herbeigerufene Feuerwehrwagen stößt mit dem Pferdewagen zusammen, der
Charlie Ossining ins Gefängnis bringt. Charlie kann fliehen. Er wird mit einem Plagiat
von Coca Cola zu Geld kommen.
Dr. Kellogg baut in der Zukunft das gut versicherte Sanatorium noch größer und
prächtiger wieder auf und stirbt so aktiv, wie er gelebt hat: Bei einem Sprung vom
Dreimeterbrett erleidet er in der Luft einen tödlichen Herzschlag.
Das ist die Handlung dieses sehr ereignisreichen Films
knapp zusammengefaßt. Es war bestimmt nicht einfach, den umfangreichen (und niemals
langweiligen) Roman von T. Coraghessan Boyle in einen nicht überlangen, witzigen Film
umzusetzen, den man auch ansehen und verstehen kann, wenn man das Buch nicht gelesen hat.
Das vorgelegte Tempo ist enorm. Schon in der Eingangsszene gibt Dr. Kellogg Reportern ein
Interview, macht dabei mit den Armen gymnastische Übungen an einer Maschine, während er
gleichzeitig ein Kneippsches Fußbad nimmt. Er befindet sich dabei auf einer rotierenden
Plattform. Ein eitler Mensch, der sich an seiner eigenen wilden Aktivität begeistert und
sich doch nur im Kreis dreht.
Parallel verlaufende Handlungsstränge werden abwechselnd in rascher Schnittfolge gezeigt,
z.B. eine Szene im Eßsaal des San und die Szene, in der die Cornflakes-Plagiatoren die
nach verschiedenen Rezepturen zubereitete Eigenproduktion probieren. Zuweilen steigert
sich das Tempo ins Slapstickhafte: Wenn Charlie Ossining versucht zu fliehen, nachdem Dr.
Kellogg ihm die Polizei auf den Hals gehetzt hat, erinnern die Verfolgungsszenen an frühe
Filme mit den Keystone Cops. Die Sanatoriumsszenen strotzen ganz nach Dr. Kelloggs
Philosophie nur so vor Aktivität: Eine Gruppe Patienten macht Lauftraining, läuft an
Damen in Leibchen und "Liebestötern" vorbei, die unter Anleitung einer dicken
Sängerin Lachübungen machen, Patienten trainieren im Fitness-Raum, andere werden von
Massage-Maschinen in einer Reihe wie am Fließband traktiert. Zwischen den einzelnen
Szenen liegen manchmal größere Zeitsprünge, erkennbar an der Jahreszeit.
Trotzdem verheddert sich der Film nicht in seinem Tempo oder wirkt zusammenhanglos. Ruhe
und Kontinuität werden z.B. durch das "San"-Orchester vermittelt. Die Musiker
spielen immer weiter, unbeeindruckt von ihrer Umgebung oder dem Geschehen um sie herum,
sei es nun im Pferdestall des "San", wo ein Essen stattfindet, sei es, als
Menschen in allen Stadien der Bekleidung sich aus dem brennenden "San" zu retten
versuchen.
The Road to Wellville beschäftigt sich in sehr spöttischer Weise mit
menschlichen Schwächen: Geldgier, übertriebener Ehrgeiz, Hypochondrie, Eitelkeit,
Verklemmtheit, alles muß übertrieben werden: Dr. Kellogg ist, wie Endymion Will
mitteilt, durch Mumps unfruchtbar (oder sogar impotent) geworden. Sexualität muß daher
gleich in Bausch und Bogen verteufelt werden, erwachsene Männer werden in beim Onanieren
ertappte Schuljungen verwandelt und Frauen in die Hände von Scharlatanen getrieben, die
unter dem Deckmantel medizinischer Behandlungsmethoden an ihnen herumfummeln. Kellogg ist
ein Despot, der seine Ideen (die teilweise nicht einmal schlecht sind, man denke z. B. an
nicht einengende Kleidung und ballaststoffreiche Ernährung) zu Heilslehren
hochstilisiert. Er entmündigt seine teilweise hypochondrischen Patienten (Will trägt
z.B. in den Behandlungsszenen eine Kreuzung zwischen dem Lendenschurz eines Märtyrers und
einer Babywindel) und profitiert finanziell von ihren Schwächen (fehlende Aussprache
zwischen Eleanor und Will; sie will keinen Sex mehr mit ihm, seitdem sie das gemeinsame
Baby verloren hat, beide haben deshalb Schuldgefühle).
Charlie ist völlig besessen von dem Gedanken an Geld und Karriere und fällt auf den
pompösen Betrüger Bender blind herein. - George ist blind vor Haß auf alles
Wohlanständige und Gesunde, und es scheint fast so, als sei er aus Protest gegen seinen
Pflegevater ein solcher Taugenichts und Gauner geworden.
Die Charaktere sind karikaturenhaft überzeichnet, aber nicht so, daß man sich nicht mehr
mit ihnen identifizieren und nicht im Grunde nachvollziehen könnte, warum sie so handeln.
Die Figur des Dr. Kellogg wurde im Gegensatz zum Buch etwas entschärft: Im Buch bringt er
George um. Wahrscheinlich haben die Kellogg-Erben interveniert (angeblich gab es ja schon
Ärger mit dem Cornflakes-Imperium wegen der Besetzung des John Harvey Kellogg mit Anthony
Hopkins, der doch immerhin - wie entsetzlich! - einen kannibalischen Massenmörder
gespielt hat). Es würde aber auch dem Film und der Figur des Dr. Kellogg eine zu düstere
Note geben, wenn er bewußt einen Mord beginge. Dr. Kellogg verschuldet im Film nur
indirekt zwei Todesfälle, einmal durch einen fahrlässigen Pfleger, und Poultney Dab ist
eigentlich selbst schuld, er hat sich beim Lauf neben Dr. Kelloggs Fahrrad zuviel
zugemutet, außerdem sieht er nicht aus wie ein Reklameschild für Dr. Kelloggs gesunde
Lebensweise, sondern ist ziemlich dick und hat eine Säufernase. Im Film wird auch nicht
deutlich, woran Miß Muntz gestorben ist, wohingegen sie im Buch ganz klar an den Folgen
der von Dr. Kellogg verordneten Radium-Behandlung stirbt.
Alle Rollen sind bis zur kleinsten Nebenrolle hervorragend besetzt und vom Äußeren
herrlich getroffen (etwa Poultney Dab oder George als Kind). Und Tony macht - ob das den
Frühstücksflocken-Leuten nun gefällt oder nicht - den Dr. Kellogg (wieder mal) zu
"seiner" Rolle, obwohl Dr. Kellogg nur eine der tragenden Rollen ist. Im
Gegensatz zu Filmen gerade aus der letzten Zeit, wo man Tonys Charakterkopf gewohnt war,
sieht man hier leider nicht viel vom typischen Hopkins-Gesicht. Es ist verborgen hinter
Kaninchenzähnen und einer Weitsichtigen-Brille, die seine Augen stark vergrößert, noch
dazu der Radikalhaarschnitt.
Aber er sieht nicht nur komisch aus, er ist einfach komisch. Wir hatten ihn ja schon als
wilden Waliser Dafydd Ap Llewellyn (A Chorus of Disapproval) und als eher
verhaltenen Erroll Wallace (Spotswood). The Road to Wellville zeigt
wieder einen anderen Anthony Hopkins: Die Darstellung ist noch ausgefeilter, gekonnter,
kontrollierter (der Gesichtsausdruck, wie er z. B. mühevoll um Fassung ringt, als er -
von der Weihnachtsfeier noch im Kostüm - den völlig betrunkenen Will entdeckt, der ihm
den Bart und die Brust "vollspuckt"). Hopkins stellt Dr. Kellogg als einen
Menschen dar, der eigentlich keinen Spaß versteht, der aber einfach komisch ist, weil er
sich selbst in den würdelosesten Situationen todernst nimmt, und die Darstellung hat den
hierzu notwendigen augenzwinkernden Abstand. Man merkt, daß ihm die Rolle Spaß gemacht
hat, auch, wenn er zunächst wohl wieder Schwierigkeiten mit dem Zugang dazu hatte. In
einem Interview gibt er an, er habe eines nachts von Bugs Bunny geträumt, und dies
brachte ihn auf die Idee mit den Kaninchenzähnen (wie schon der Schnurrbart bei Henry
Wilcox in Howards End). Der Rest folgte dann "just like that".
Alan Parkers Regie, ein gutes Drehbuch und die hervorragenden schauspielerischen
Leistungen schaffen es, die heiklen Themen (vom Klistier über die Lieferung einer
Stuhlprobe unter Aufsicht bis zur manuellen Befriedigung) so darzustellen, daß der Film
zwar derb ist, aber seinen heiteren Unterton behält und nie ins Anstößige,
Geschmacklose oder Pornographische abgleitet.
Weitere Pluspunkte des Films sind die schöne und prächtige Ausstattung (das Sanatorium
als Wallfahrtsstätte der Schönen, Reichen und Berühmten, ein "Zauberberg" in
einer wunderbaren Landschaft) und die mitreißende Musik.
Ein kleines Minus liegt meiner Ansicht nach darin, daß manche Einfälle nicht neu sind,
z.B. finde ich Wills Halluzinationen von nackten Frauen etwas platt, andere sind auch
nicht neu, aber viel besser gelungen, z.B. das "San"-Orchester.
Vielleicht werden zarte Seelen behaupten, man brauche schon die versaute Phantasie und den
perversen Humor mancher Hopkinsianer, um solchen Themen wie den oben erwähnten eine
komische Seite abzugewinnen - aber ich habe mich prächtig amüsiert. Ein Film für alle
Freunde des versauten Humors, manchmal Fellini, manchmal früher Chaplin, zahmer als Delikatessen,
aber sehr empfehlenswert (nicht nur für Hopkinsianer!).
© 1994 by Gabi G.
(Hopkins Files Nr.11)
Weitere Hopkins Files -
Kritiken zu diesem Thema:
Willkommen in Wellville -
Übergesund ist krank! |
|