Spotswood / The Efficiency Expert
Made in Spotswood / Manager mit Herz

AUS 1991
Regie: Mark Joffe / Produktion: Timothy White, Richard Brennan / Drehbuch: Max Dann, Andrew Knight.
Mit: Anthony Hopkins (Errol Wallace), Angela Punch-McGregor (Caroline Wallace), Alwyn Kurtz (Mr. Ball), Ben Mendleson (Cary), Rebecca Riggs (Cheryl), Russell Crowe u.a.

Australien in den 60'er Jahren. Der erfolgreiche Unternehmensberater Errol Wallace (Anthony Hopkins) wird von Fabrikant Mr.Ball (Alwyn Kurtz) beauftragt, dessen heruntergekommene Mokassins-Fabrik in Spotswood unter die Lupe zu nehmen, um ein Gutachten zu erstellen. Wallace, der schon große Probleme hat, das kleine Kaff Spotswood auf der Landkarte zu finden, macht große Augen, als er schließlich in Balls Betrieb eintrifft. Die kauzige Belegschaft scheint es mit der Arbeitsmoral nicht sonderlich ernst zu nehmen. Während der Arbeitszeit diskutiert man viel lieber über die bevorstehende Landesmeisterschaft im Spielzeugauto-Rennen oder arbeitet im Tanzschritt zum Rhythmus der Radiomusik. Dann ist da auch noch der schüchterne Teenager Cary (Ben Mendleson), der sich in die gutaussehende, aber ziemlich dämliche Tochter des Chefs verliebt hat. Statt seiner Arbeit nachzugehen, nutzt Cary die Zeit für allerlei ungeschickte Annäherungsversuche an das Mädchen.
In Balls Mokassins-Fabrik glaubt sich Wallace bald ins Mittelalter zurückversetzt. Die von Ball produzierte Ware, Mokassins und Damen-Morgenmäntel, ist nicht nur völlig aus der Mode, sondern auch geschmacklos scheußlich. Bald stellt sich heraus, daß der gutmütige Mr.Ball sein Unternehmen seit Jahren nur noch mit Hilfe von Grundstückverkäufen vor dem Bankrott retten kann.
Die kleinen Veränderungen, die Wallace zunächst im Betrieb einführt, erweisen sich als Reinfall. Die liebenswerte Belegschaft des Betriebs will nämlich nichts von Fließbändern und Trennwänden, durch die man sich nicht mehr miteinander unterhalten kann, wissen. Schließlich sieht Wallace nur noch einen Ausweg, das Unternehmen vor der Schließung zu retten: Fabrikbesitzer Ball muß Leute entlassen...

Spotswood ist in gewisser Weise ein Märchen; ein Märchen über die unantastbare Würde des einfachen Mannes, des Fabrikarbeiters; und ein Märchen über den wohlwollenden Fabrikbesitzer, der lieber Verlustgeschäfte macht und Grundstücke verkauft, statt die Würde seiner Angestellten zu verletzen und Arbeitskräfte zu entlassen. Ja, der alte Mr.Ball bricht sogar in Tränen aus, als er dann schließlich doch seinen Leuten notgedrungen kündigen muß. Die bösen Buben in diesem Film sind dann all jene, die Arbeitsplätze "weg-rationalisieren".
Aber ein Märchen wäre kein Märchen ohne den geläuterten Helden, in diesem Fall Unternehmensberater Wallace. Früher selbst ein böser Bub, zeigen ihm die Arbeiter in Balls Traumfabrik die wahren Werte menschlicher Existenz, wie Freundschaft, Spaß, Liebe u.s.w. Wie im Märchen so üblich, wird das Happy End mit Sicherheit folgen. Denn am Ende rettet unser Held Wallace sowohl die Schuhfabrik als auch die daran hängenden Arbeitsplätze (und da ist es ja auch völlig egal, wie er das eigentlich anstellen will).
Zugegeben, das klingt alles recht ironisch, ist aber gar nicht so gemeint. Denn Spotswood ist zwar ein Märchen, aber auf jeden Fall ein sehr nettes Märchen. Und da die Handlung nicht heute, sondern im nostalgischen Flair der sechziger Jahre spielt, ist man leicht gewillt, die simple Problemlösung, die der Film uns anbietet, hinzunehmen. Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus, was Spotswood zwar nicht unbedingt verschweigt, dennoch aber gerne den seltenen Einzelfall idealisiert sähe.
Und da die Stadt Spotswood ein utopischer Ort ist, dessen Bewohner mit Spielzeugautos spielen (und die Landesmeisterschaft natürlich mit Wallaces tatkräftiger Unterstützung gewinnen), wird auch am Ende die Liebe zwischen den Teenagern Cary und einer alten Schulfreundin (ein wahres Aschenputtel) siegen. Wie im Märchen eben...
Spotswood, mit geringfügigem Budget in Australien produziert, ist ganz bestimmt ein netter, kleiner Film. Er ist vor allem ein Film der leisen Töne, unterhaltsam, ein wenig tragisch und verträumt, nicht aber spektakulär. Die Handlung erinnert etwas an Local Hero, ein weiteres Märchen.
Anthony Hopkins' Auftritte als Errol Wallace sind gleichfalls nicht spektakulär, was den Film zusätzlich liebenswert macht. Die hintergründige Komik seiner Rolle liegt hauptsächlich in seiner Reaktion auf die seltsamen Vorgänge in Balls Mokassins-Fabrik. Hopkins' Gesichtsausdruck beim Anblick dieser fürchterlich geschmacklosen Halbschuhe ist so urkomisch, daß der Film gar keiner weiteren Slapstick-Einlagen bedarf.
"Ich wollte immer schon mal nach Australien," erklärt der Schauspieler, warum er unmittelbar nach The Silence of the Lambs in dieser kleinen australischen Produktion mitwirkte, die wohl kaum über die finanziellen Mittel für hohe Schauspielergagen verfügte. Die Annahme einer Rolle von diesem und ähnlichen Beweggründen abhängig zu machen, kann natürlich leicht ins Auge gehen (siehe Freejack). Was jedoch Spotswood betrifft, hatte Hopkins ein glücklicheres Händchen. Auch die Kritiker zeigten sich von dieser australischen Produktion überzeugt.
Trotz allem wird man allerdings vergebens darauf warten, Spotswood auch über deutsche Kinoleinwände flimmern zu sehen. Als Videokassette ist er allerdings schon erhältlich.

© 1993 by Bettina B.
(Hopkins Files Nr.5)

 

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