Anthony Hopkins, geboren am 31.Dezember
1937, wuchs als einziger Sohn eines Bäckers im walisischen Port Talbot auf, der
Heimatstadt Richard Burtons. Als Kind blieb Anthony am liebsten zu Hause, um zu lesen, zu
zeichnen oder Klavier zu spielen, so daß er bald als Außenseiter und Eigenbrötler galt
und ihm in der Schule der Spitzname "Mad Hopkins" verpaßt wurde. Die Eltern
machten sich große Sorgen um den introvertierten Sohn und steckten ihn schließlich in
ein Internat, in der Hoffnung, sein seltsames Verhalten würde sich dort ändern. Doch
genau das Gegenteil war der Fall. Hopkins zog sich immer mehr in sich zurück, war ein
schlechter Schüler und hatte kaum Freunde. "Ich war ein Außenseiter, dem es nie
gelang, sich anzupassen. Ich fühlte mich immer als schrecklicher Versager. Das
hinterläßt tiefe Narben im Bild, das man von sich selbst hat," erinnert sich
Hopkins an seine Kindheit. "Das einzig Gute an dieser furchtbaren Zeit war, daß mich
der Ehrgeiz packte. Ich wollte unbedingt Erfolg haben." Zunächst spielte er mit dem Gedanken, ein berühmter Pianist zu werden,
mußte aber bald einsehen, daß sein Talent dafür nicht ausreichte. Durch Zufall schloß
er sich in Port Talbot einer kleinen Theatergruppe des ansässigen YMCA an und hatte
fortan seine Berufung gefunden. "Schon immer waren die einzigen Momente, in denen
meine Schulkameraden Notiz von mir nahmen, die, wenn ich einen Lehrer imitierte. Und so
wurde Schauspielen Ersatz für das Leben."
Zu seiner eigenen Überraschung gewann er im Alter von 18 Jahren
ein Stipendium am Welsh College of Music and Drama in Cardiff, absolvierte
anschließend zwei Jahre Wehrdienst und gelangte danach an die angesehene britische
Schauspielschule, die Royal Academy of Dramatic Art in London. Allmählich
schienen sich wahre Möglichkeiten für ihn aufzutun, und nach einem Vorsprechen beim
großen Sir Laurence Olivier erhielt Anthony Hopkins im Jahr 1966 ein Engagement am
berühmten Londoner National Theatre. Von hier aus schien der Weg zu einer
großen Karriere als Theaterschauspieler geradezu vorprogrammiert, zumal er recht bald als
Nachfolger von Laurence Olivier und Richard Burton gehandelt wurde. Doch Hopkins, Zeit
seines Lebens von den Dämonen seiner Kindheit verfolgt, machte sich das Leben selbst
schwer. Am renommierten National Theatre avancierte er bald zum "Enfant
terrible", das sich ständig im Clinch mit berühmten Theaterregisseuren wie Peter
Hall oder John Dexter befand. Seinen Mentor Sir Laurence Olivier schockierte er mit der
Frage, mit wem man am National Theatre schlafen müßte, um auch einmal die
großen Rollen spielen zu dürfen! Hinzu kam, daß er im ständigen Kampf gegen die
eigenen Selbstzweifel und Minderwertigkeitskomplexe das Trinken begonnen hatte; Hopkins'
zweite Karriere eines notorischen Alkoholikers nahm seinen Lauf...
Seine 1967 geschlossene Ehe mit der Schauspielerin Petronella
Barker brachte zwar Hopkins' einzige Tochter, Abigail, hervor, fiel aber seiner Trinksucht
zum Opfer und ging nach nur kurzer Dauer in die Brüche. Kurz darauf lernte er seine
zweite Frau, die Produktionsassistentin Jennifer Lynton, kennen, die er 1973 heiratete.
Im Jahr 1968 absolvierte Anthony Hopkins sein Filmdebut und
spielte an der Seite von Katherine Hepburn und Peter O'Toole den jungen Richard Löwenherz
in dem Klassiker The Lion in Winter (Der Löwe im Winter). Danach folgten neben
seiner Arbeit am National Theater weitere Film- und Fernsehauftritte, u.a. in When
Eight Bells Toll (Das Mörderschiff), A Doll's House (Nora - Ein Puppenheim) und Dark
Victory (Solange die Liebe lebt). Einem größeren Publikum wurde er 1972 durch die
BBC-Fernsehserie War and Peace (Krieg und Frieden) bekannt. Hopkins erhielt für
seine Darstellung des Pierre Bezuhovs einen Best TV Actor Award.
Am Theater spielte Hopkins bald alle großen klassischen Rollen,
doch im Gegensatz zu vielen Filmschauspielern, deren großer Traum es ist, einmal auf der
Bühne Shakespeare spielen zu können, hatte Hopkins andere Pläne. Er wollte zum Film! So
kam es, daß er eines Tages im Jahr 1975, mitten in den Proben zu Macbeth am National
Theatre, die Flucht ergriff, um auf und davon nach Hollywood zu gehen. "Das war
der wichtigste Schritt in meinem Berufsleben," erinnert sich Hopkins. "Ich
wollte nicht damit enden, jeden Abend in grünen Strumpfhosen in dunklen Theatersälen
aufzutreten, nur um Kritiker zu beeindrucken, die nach der Vorstellung zu Hause ihrem Hund
einen Tritt versetzen. Und wen interessiert Shakespeare heute noch? Sicher, das ist gute
Literatur, aber auch nicht die Heilige Schrift!"
Doch Hollywood hatte nicht auf Anthony Hopkins gewartet. Zwar
feierte er in New York mit Peter Shaffers Bühnenstück Equus einen ersten
großen Achtungserfolg und wurde für seine Darstellung mit zahlreichen Auszeichnungen
geehrt, dennoch blieb Hopkins zutiefst unzufrieden mit sich und seiner Arbeit. Seine
Trinkerei war zudem allmählich völlig außer Kontrolle geraten, so daß auch beinahe
seine zweite Ehe mit Jennifer Lynton gescheitert wäre. Doch dann, im Jahr 1975 in Los
Angeles, kam der alles entscheidende Wendepunkt in Anthony Hopkins' Leben: Er schloß sich
den Anonymen Alkoholikern an und hörte auf zu trinken. "Seitdem haben sich meine
Probleme sozusagen in Luft aufgelöst," so Hopkins' Worte. "Ich bin oft an den
Rand des Abgrunds gelangt. Ich hätte leicht abstürzen oder in irgendeinem Motelzimmer
krepieren können - was beinahe passiert wäre. Aber ich überlebte, hörte auf zu trinken
und fand andere Mittel, meinen Selbstekel zu überwinden."
Obwohl er nun in Hollywood lebte, bekam er seine großen
Filmrollen hauptsächlich von britischen Regisseuren; Mit Richard Lester drehte er 1975 Juggernaut
(18 Stunden bis zur Ewigkeit) und mit Richard Attenborough 1977 A Bridge Too Far
(Die Brücke von Arnheim) und 1978 Magic. Hopkins' besondere Fähigkeit,
sich differenziert in eher zwielichtige und "böse" Charaktere einfühlen und
diese überzeugend darstellen zu können, brachten ihm auch damals schon zahlreiche Preise
ein: Für seine Rolle als Bruno Hauptmann in The Lindbergh Kidnapping Case (1976)
als auch für seine Darstellung Adolf Hitlers in The Bunker (1980) gewann er
jeweils einen Emmy Award. In David Lynchs Kultfilm The Elephan Man (Der
Elefantenmensch) spielte Hopkins 1979 den Dr. Treves, eine Rolle, die dreizehn Jahre
später kurioserweise Jonathan Demme dazu bringen sollte, niemand anderen als Anthony
Hopkins für den Part des Dr. Hannibal Lecter in The Silence of the Lambs (Das
Schweigen der Lämmer) verpflichten zu wollen.
Doch trotz großartiger, von der Kritik hoch gewürdigter
Leistungen in Film und Fernsehen, die Hopkins in den USA ablieferte, gelang es ihm nicht,
in der amerikanischen Filmmetropole Hollywood Fuß zu fassen. Die wirklich guten
Rollenangebote gingen nach wie vor an amerikanische Schauspieler wie Dustin Hoffman,
Robert de Niro oder Jack Nicholson. So kehrte der verlorene Sohn nach 10-jähriger
Abwesenheit schließlich nach England zurück, um dort abermals sein Glück am Theater zu
versuchen. Nun völlig "trocken" und von seinen Jugendsünden am National
Theatre Abstand nehmend, feierte Anthony Hopkins ab 1985 einen Erfolg nach dem
anderen. Für seine Rolle des "Monsters" Lambert LeRoux in dem Bühnenstück
Pravda heimste er so ziemlich alles ein, was es an britischen
Theaterauszeichnungen zu gewinnen gab. Auch seine Auftritte in Filmen wie The Bounty
(1985), 84 Charing Cross Road (Zwischen den Zeilen) von 1986 oder dem 1988
gedrehten The Dawning (Der Fremde am Strand) rissen die Kritiker stets zu wahren
Lobeshymnen hin.
Ehe sich Hopkins versah, war er zu der unumstrittenen Nummer Eins unter den britischen
Schauspielern aufgestiegen. Die Universität von Wales verlieh Hopkins, dem
"Versager" in der Schule, 1988 die Ehrendoktorwürde, nachdem er im Jahr zuvor
bereits den Titel CBE erhalten hatte.
Der große internationale Durchbruch gelang dem mittlerweile
53-jährigen Anthony Hopkins aber erst 1991 als Serienkiller Hannibal Lecter in Jonathan
Demmes Psychothriller The Silence of the Lambs (Das Schweigen der Lämmer). Bei
der 64'sten Oscar-Verleihung gewann The Silence of the Lambs die fünf
wichtigsten Oscars, u.a. für den besten Film und die beste weibliche (Jodie Foster) und
beste männliche (Anthony Hopkins) Hauptrolle. Der Name "Anthony Hopkins" war
fortan in aller Munde, zumal in den kommenden Jahren weitere Oscar-Nominierungen als
bester Hauptdarsteller in The Remains of the Day (Was vom Tage übrigblieb) und Nixon
sowie als bester Nebendarsteller in Amistad folgen sollten. Im Jahr 1992 wurde
Anthony Hopkins von der englischen Königin zum Ritter geschlagen.
Große Kassenerfolge waren in 90'ger Jahren Howards End
(Wiedersehen in Howards End), Bram Stokers Dracula, Shadowlands, Legends of the Fall
(Legenden der Leidenschaft) und The Mask of Zorro (Die Maske des Zorro).
1994 führte Anthony Hopkins in August erstmals Regie, spielte in dieser
"walisischen" Tschechov-Adaption die Hauptrolle und schrieb zudem die Filmmusik.
Hopkins inszenierte August im gleichen Jahr auch für das Theater in Wales.
Im April 2000 nahm Anthony Hopkins eine zweite
Staatsangehörigkeit als US-Staatsbürger an - eine Entscheidung, die in seiner
walisischen Heimat auf wenig Verständnis stieß.
Der Film Hannibal, in dem Hopkins zehn Jahre nach The
Silence of the Lambs wieder in die beim Publikum unvergessene Rolle des Hannibal
Lecter schlüpfte, machte im Jahr 2001 Furore. Leisere Töne schlug Hopkins in der Stephen
King Verfilmung Hearts in Atlantis an. In Red Dragon (Roter Drache), dem
ersten Teil der Hannibal Lecter Roman-Triologie von Thomas Harris, war Anthony Hopkins
zuletzt ein drittes Mal in seiner wohl berühmtesten Rolle zu sehen. |
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