The Remains of the Day
Was vom Tage übrigblieb

GB / USA 1993
Regie: James Ivory / Produktion: Ismail Merchant / Kamera: Tony Pierce-Roberts / Musik: Richard Robbins / Drehbuch: Ruth Prawer Jhabvala nach dem gleichnamigen Roman von Kazuo Ishiguro
Mit: Anthony Hopkins (Mr.Stevens), Emma Thompson (Miss Kenton / Mrs.Benn), James Fox (Lord Darlington), Peter Vaughan (Mr.Stevens senior), Christopher Reeve (Lewis), Hugh Grant (Reginald Cardinal) u.a.

DVD-Kritik: Was vom Tage übrigblieb

Verschwendung

In die große Flut der DVD-Neuerscheinungen hat sich im Herbst des Jahres 2001 auch das englisch besetzte US-Drama Was vom Tage übrigblieb eingereiht.
Zart umgarnen sich Anthony Hopkins, als Millionärs-Butler Stevens, und Emma Thompson, als im selben Haushalt arbeitende Wirtschafterin Sarah Kenton, in diesem preisgekrönten Film aus dem Hause Merchant-Ivory. Letzten Endes ist jedoch die zumeist blinde Loyalität Stevens seinem Arbeitgeber Lord Darlington gegenüber und sein grenzenloser Arbeitseifer dafür ausschlaggebend, daß Miss Kenton dem adligen Haushalt den Rücken kehrt und einen anderen Mann ehelicht.
Die "Beziehung" zwischen Butler und Wirtschafterin ist Kernbestandteil des Filmes. Zwischendurch keimen Fetzen der Geschichte auf, welche sich scheinbar in den Wänden des Hauses Darlington abzuspielen scheint: Lord Darlington, englischer Gentleman des alten Schlages, möchte dem besiegten Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg zu Hilfe kommen, veranstaltet deshalb internationale Zusammenkünfte und arrangiert sich später sogar mit den Nazis, um sich für die Rechte Deutschlands einzusetzen.
So erfährt der Zuschauer interessante Fakten zur Kriegsgeschichte und hat Einblicke in die damaligen Ansichten von englischen Aristokraten, die damals vor allem durch die Macht des Geldes als durch politische Kompetenz für die Beziehungen zwischen England und dem nazifizierten Deutschland von Wichtigkeit waren.
Viel ergreifender bleibt aber immerzu die nicht wirklich ausgereifte Liebesgeschichte zwischen den beiden Hausangestellten. Es ist aufregend zu sehen, wie Miss Kenton in das geordnete Leben des Butlers Mister Stevens hineinplatzt, um im weiteren Verlauf immer wieder heftige Diskussionen um Kleinigkeiten mit ihm auszufechten. Aus dem distanzierten Arbeitsverhältnis, das in der ersten Zeit immer wieder von gegenseitigen Sticheleien geprägt ist, entwickelt sich im Laufe der Jahre eine perfekte Kooperation zwischen Butler und Wirtschafterin. Überdies hinaus scheinen beide Protagonisten romantische Gefühle füreinander entwickelt zu haben. Bei Miss Kenton sind diese kaum zu übersehen. Sie schmachtet den unnahbaren, perfektionistischen Butler geradezu an. Auch Stevens ist eigentlich nur ein Mann aus Fleisch und Blut und wirft der Wirtschafterin heimlich sehnsüchtige Blicke hinterher.
Umso schlimmer ist es für den Zuschauer mitanzusehen, wie der äusserlich kühle Stevens die eher leidenschaftliche Frau immer wieder von sich wegstößt. Trotz aller Sehnsucht, die tief in ihm glüht, will er sich nicht von seiner höchsten Priorität, dem reibungslosen, unabgelenktem Dienen für seinen Herren, ablenken lassen.
An einer Szene, der sogenannten "Buchszene", kann man die innerliche Zerrissenheit von James Stevens am besten festmachen: Als Miss Kenton eines schummerigen Abends in das Zimmer des Butlers platzt, "erwischt" sie diesen beim Lesen eines Buches. Zunächst sehr souverän, versucht der Überraschte die Lektüre vor der Frau zu verbergen. Erst als sie ihn buchstäblich in die Enge treibt, ihm dabei immer näher kommt, die Körper der beiden nur noch hauchdünn voneinander entfernt sind, sie dann selbst Hand an das Buch legt und seine Finger mit Muskelkraft von der Lektüre löst, spiegelt sich die absolute Sehnsucht, die Stevens empfindet, in seinen Augen wieder. Fast möchte er die Hand heben, um den Kopf der Nahenden berühren. Doch zum Unmut der Zuschauer schmeißt er zum Ende der Szene alle Gefühle von sich ab und verweist Miss Kenton letzten Endes aus seinem Zimmer. Wenig später nach dieser Abfuhr verlässt Sarah das Haus und heiratet einen anderen Mann.
Das Treffen der beiden Protagonisten zwanzig Jahre später, das für diesen Film als äusserer Rahmen dient, soll aus Sicht des Mister Stevens eigentlich seine Chance zur Wiedergutmachung werden. Er will Miss Kenton, die nun Mrs.Benn heisst, zurück zum Landsitz Darlington holen. Doch als diese aus familiären Gründen abwinkt, verlässt den gealterten Butler wieder jeder gute Vorsatz, und die beiden gehen erneut und wie es scheint für alle Zeiten getrennte Wege.

Das allumfassende Fazit lautet also

Für den Zuschauer ist es zunächst recht amüsierend zuzusehen, wie Stevens und Kenton umeinander herum schleichen, doch dann, wenn der Butler die Wirtschafterin immer wieder mit seiner kühlen Art zurückweist, möchte man am liebsten in den Film hineinspringen und dem Mann eine Standpredigt halten. Es ist kaum zu glauben, wie sehr und aus welchen zweifelhaften Gründen manche Menschen ihre Gefühle verleugnen und dann letzten Endes, kurz vor der Zielgerade des Lebens, mit leeren Händen dastehen.
Die DVD erhält neben dem in mehreren Sprachen zur Verfügung stehenden Hauptfilm auch reiches Bonusmaterial: Gleich drei Making-Ofs führen den Zuschauer näher in die Entstehungsgeschichte des Filmes ein und lassen auch die Schauspieler und Macher zu Wort kommen. Zudem stehen geschnittene Szenen in ihrer Rohversion zur Verfügung, die wahlweise auch einen Audiokommentar des Regisseurs besitzen. Ebenso stehen ein Kinotrailer, Schauspielerbiografien sowie weitere interessante Texttafeln zur Auswahl.
Auch wenn die Story zum Aufschreien tragisch ist, ist die DVD-Special Edition von Was vom Tage übrigblieb auch wegen der vielen Zusatzfeaturettes voll und ganz zu empfehlen.

© 2002 by Nadine S.

Weitere Hopkins Files - Kritiken zu diesem Thema:
The Remains of the Day
Only Shadows, Joy

 

© HopkinsVille. All rights reserved.
www.hopkinsville.de